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1. Teil 2 - S. 10

1916 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
10 Dreizehnter Abschnitt. vier Monate früher die Narew-Armee bei Tannenberg zertrümmert hatte. Eins war bei dieser zweiten Einkreisungsschlacht Lindenburgs ganz anders als bei Tannenberg. Wie kam es doch da, daß die Russen umzingelt wurden? Sch.: Sie marschierten in den Äalbkreis hinein, den Äinden-burg aufgestellt hatte. Seht ihr, das ging damals, weil die Russen sowieso auf dem Marsche waren- Jetzt aber lagen sie still seit Monaten den Deut- j g / O Vürvollen ffobtfubnen Skizze, pädagogisch vereinfacht nach „16 Monate Krieg" von Immanuel, 1916 bei Ernst Siegfried Mittler & Sohn, Berlin. Preis 2,50 Mk. schen gegenüber. Wollte sie Lindenburg jetzt umklammern, dann mußten die Deutschen auf sie los marschieren und selber im Marsch um sie herumschwenken. And so wurde es gemacht. Vor der Schlacht, die wir die masurische Winterschlacht nennen, lagen sich Deutsche und Russen hier in einer geraden Linie von Norden nach Süden gegenüber. (Während des Folgenden zeichnet der Lehrer Stück für Stück den Schlachtplan an). An den beiden Flügeln hatte nun Äindenburg seine besten Truppen, die kräftigen Männer

2. Teil 1 - S. uncounted

1915 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
Zur Giaatsgesirinung führt die !Ö6uffdf6 (9efd)id?fc/ dem deutschen Volke und seiner Jugend erzählt von Richard Kabisch, weil. Reg.- und Schulrat in Bromberg, mit 60 Abbildungen und zwei Einbandzeichnungen von Hans Kohl-schein. 2 Bände je 4 Itt!.; zusammen in einer hülse 7 Itc!. 4000 Exemplare währen- -es Krieges bisher schon abgesetzt. Jeder Band bildet ein geschlossenes Ganzes: l. Bö.: Zm alten Reich. 2. Bd.: Das neue Reich. Diese Deutsche Geschichte ist geschrieben für Knaben und Mädchen an höheren Schulen im Alter von 10-14 Jahren, für Volts», Gewerbe- und Handelsschüler von 12-16 Jahren, und dann für diejenigen unserer Volksgenossen, die einer einfachen, lebensprühenden Darstellung des Stoffes bedürfen, um ihn in sich aufnehmen zu sönnen. Datum sollte sie in Arbeiter-, Volks- Un-Schüler-Sibliotheken aller Schulgattungen, bei der Jugendpflege und Jugendwehr immer mehr (Eingang finden. vor allem aber gehört -as Huch in -ie Zamilie. wenn die Mutter daraus vorliest, wird sie gespannte Zuhörer haben. Ja, wie uns manche Mutter versichert hat, hat sie selbst aus diesen Vorleseabenden erst das innere Verständnis für die Zusammenhänge der Tatsachen, für den Sinn in der Geschichte erhalten. Ii fluch dieses Werk entspricht bereits für Sexta und Huinta in genialer weise -er Verfügung des preußischen Kultusministers vom 2. September 1915 über -ie Umgestaltung des Geschichtslehrplans der höheren Schulen | zu Gunsten der neuesten Geschichte. Schulrat Karl Muthesius in der Franks. Ztg. 1914 Nr. 345: „3m vorliegenden Buche von Kabtsch sind auf das Glücklichste zwei Übel, Lückenlosigkeit und Vollständigkeit, vermieden. Das dürre Klappern der Leitfadenweisheit: Regierungszahlen. Feldzüge, Schlachten, Verträge, Friedensschlüsse - hier ists verstummt vor der farbensatten Zülle des Lebens, die dem inneren Blick die Geschehnisse wie auf der Bühne zeigt, die das herz bewegt und den Charakter bildet, fluch alle antiquarischen Interessen sind beiseite gesetzt, und nur die wuchtigen Nassen dessen, was für die Gegenwart, für unser heutiges Staatsgefühl von lebendiger Öe* öeutung ist, sind vor die Jugend hingestellt worden. Und dazu redet der Verfasser, wie man mit Kindern und mit dem einfachen Manne reden muß . . . Die Erzählweise, wie sie Goethe im Werth er anwendete und wie sie Hebel so wundervoll handhabte. Dahinter aber wird dem kundigen Blick überall die Absicht erkennbar, das staatsbürgerlich-erziehliche Moment wirksam werden zu lassen. Denn das ist das feste Ziel des Verfassers: auch Rf)on in der Volksjugend das hinauswachsen über die rein selbstischen Zwecke des eigenen öehagens anzubahnen und ste sich hineinleben zu lassen in die größeren Zwecke des Volks» und Staats ganzen; Heldenverehrung, Ehrfurcht vor den Männern zu begründen, die uns unsere nationalen Güter erworben und in dieser flrbeit Heldenkraft betätigt haben. So ist das Buch gerade in der gegenwärtigen Zeit neuen Heldentums eine willkommene Gabe, und ihr tdcrt erhöht sich durch die Tatsache, daß der Der» Verlag von vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen.

3. Geschichtliches Lesebuch - S. 20

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
20 Ii. v. Sybel, Erste Jahre des Bundestags. tage, und dessen unbehülflichen und schleppenden Rechtsformen in so drängender Not nichts auszurichten sei. Man mußte auf andere Weise die Hände der den Bund leitenden Gewalten starken. Der Bundestag war eine durch die Paragraphen der Bundesakte organisierte Anarchie; nach der alten Regel sollte also die Anarchie durch den Staatsstreich abgelöst werden. Ein solcher aber war nicht möglich ohne Preußens Beihülfe, und ob diese zu erlangen wäre, konnte nach Preußens Stellung zum Bunde sehr fraglich erscheinen. Da geschah, daß aus einer kleinen, von der Mehrheit stets ab^ gewiesenen Gruppe der Burschenschaft zwei junge Fanatiker ausgingen, von denen der eine den Dichter Kotzebue als angeblichen Fürstenknecht und russischen Spion erdolchte und der andere gleich nachher einen Mordversuch gegen den Nassauer Präsidenten, Herrn von Jbell, machte. Das Aufsehen, welches diese Frevelthaten hervorriefen, war unermeßlich; auch König Friedrich Wilhelm und Hardenberg waren ebenso erzürnt wie erschrocken, und sehr begreiflich war es, daß der König eine strenge Untersuchung des Demagogentunis au allen preußischen Universitäten verfügte. Leider wurden aber die beiden Attentate auch der Vorwand für eine lärmende Bewegung aller alten Widersacher der von Stein 1808 eingeschlagenen und von Hardenberg fortgesetzten Reformpolitik. Jene Untersuchung geriet unter die Leitung bnrean-kratischer und feudaler Absolutisten, und auf die Gesinnung, mit welcher sie dann geführt wurde, wirft nicht bloß ihre überall angewandte Willkür und Roheit, sondern vor allem der Umstand ein grelles Licht, daß die Männer, die an erster Stelle den Geist der Befreiungskriege erweckt und genährt hatten, Stein und Gneisenan, Schon und Justus Grüner, Schleiermacher und Arndt, Jahn und Görres, von den Proceduren dieses Gerichts betroffen oder doch in seinen Akten verdächtigt wurden. Sodann aber erhob Metternich seine Stimme. In pompösen Erklärungen stellte er das rote Gespenst seinen geängsteten Bundesgenossen vor die Augen, eine ungeheuere, durch ganz Deutschland verzweigte Verschwörung, der nur mit vereinter Kraft und schnellstem Vorgehen begegnet werden könne. So gewann er Preußens Zustimmung zu dem Plane, eine kleine Zahl zuverlässiger Regierungen in Karlsbad zu versammeln, mit ihnen die nötigen Beschlüsse zu vereinbaren und dann den Bundestag zu sofortiger einstimmiger Annahme derselben zu zwingen. Neun Minister vereinten sich demnach 1) 23. März 1819.

4. Geschichtliches Lesebuch - S. 35

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
Iii. v. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest. 35 wilderten akademischen Sitten konnte nur von einem Geschlechte ausgehen, das so viel reifer war als der Durchschnitt der Studenten vordem; und doch hatte diese ritterliche Jugend in zwei schweren Kriegen schon zu viel erlebt, um sich wieder in die bescheidene Rolle des Schülers finden zu sönnen; die Gefahr hochmütiger Überhebung, die ohnehin in der Zeit tag, war für sie fast unentrinnbar. Ähnliche Regungen christlich-germanischer Schwärmerei waren schon einmal auf den Universitäten aufgetaucht, in den Tagen des litterarischen Sturmes und Dranges, als die jungen Poeten des Hainbundes für Klopstocks Messias und die Helden des Teutoburger Waldes sich begeisterten und den Sänger des Polsters, Wieland, feierlich im Bilde verbrannten. Was damals nur engere Kreise bewegte, war jetzt ein Gemeingut von Tausenden. Wie verächtlich mußte das verrottete Verbindungswesen der Universitäten dein abgehärteten, sittenstrengen neuen Geschlechte erscheinen. Von der Barbarei der alten Renommisten war nur zu vieles noch übrig, obwohl die Humanität der neuen litterarischen Bildung auch die akademischen Sitten etwas verfeinert hatte. Die Völlerei urtb die Unzucht zeigten sich oft mit einer Frechheit, die uns heute schon unmöglich scheint; das Hazardspiel ward überall, selbst auf offener Straße getrieben, und die unausrottbare deutsche Rauflust ging so weit über alles erlaubte Maß hinaus, daß die 350 Mann starke Jenenser Studentenschaft im Sommer 1815 in einer einzigen Woche 147 Duelle ausfocht. Die frischen volkstümlichen Trink- und Wanderlieder der sangeslustigen alten Zeiten waren fast verschollen; man sang zumeist schmutzige Zoten oder die weinerlichen Ergüsse einer platten Sentimentalität, die einer längst überwundenen litterarischen Epoche angehörte. Mit den Rosenkreutzern und den anderen Geheimbünde n des alten Jahrhunderts verschwanden auch ihre Geistesverwandten, die Orden der Studenten. Die Landsmannschaften, die seitdem wieder auslebten, bewachten eifersüchtig ihre geschlossenen Werbebezirke, pflegten einen kleinlichen partifularistischen Sinn, der alles Ausheimische dünkelhaft abwies, und ertöteten jedes kräftige Selbstgefühl durch einen brutalen Pennalismus. Der Fuchs durfte nicht klagen, wenn ein heruntergekommenes altes Haus ihm ein Smollis anbot und darauf mit ihm hutschte: dann mußte er alles, was er auf dem Leibe trug, Kleider, Uhr und Geld gegen die dürftigen Lumpen seines Gönners vertauschen. Wer in dieser Schule aufwuchs, lernte die Kunst nach oben zu ducken, nach unten zu drucken.

5. Geschichtliches Lesebuch - S. 36

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
36 Iii. v. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest. Wie oft hatte Fichte einst in Jena und in Berlin gegen dies Unwesen geeifert. Unter seinen Getreuen entstand bereits im Jahre 1811 der Plan einer Burschenschaft oder Deutsch-Jüngerschaft; der Philosoph billigte das Unternehmen und fügte nur, da er seine Leute kannte, die besonnene Mahnung hinzu: die Burschen sollten sich hüten, mittelalterlich und deutsch zu verwechseln, und das Mittel, die Verbindung, nicht höher stellen als den Zweck, die Belebung deutschen Sinnes. An diese Berliner Entwürfe knüpften jetzt die Jenenser wieder an. Sie kannten den Ernst des Waffenhandwerks und wollten durch Ehrengerichte die rohe Rauflust bändigen; sie hatten im Kriege als eines Volkes Söhne Schulter an Schulter gekämpft und forderten völlige Gleichheit aller Studenten, Abschaffung des Pennalismus und aller der Vorrechte, welcher der Grafenbank noch auf manchen Universitäten zustanden. Ihr letzter und höchster Gedanke aber blieb die Einheit Deutschlands: in einem einzigen großen Jugendbunde, der alle landsmannschaftliche Sonderbünde vernichtete, sollte sich die Macht und Herrlichkeit des Vaterlandes verkörpern................ Ursprünglich war eine unbestimmte patriotische Sehnsucht der einzige politische Gedanke der Jenenser Burschen. Sie schwärmten für ein abstraktes Deutschtum, so wie es einst in den Reden an die deutsche Nation verherrlicht worden; von der lebendigen preußischen Staatsgesinnung, welche sich Fichte ant Abend feines Lebens gebildet hatte, ahnten sie nichts. Jeder Unterschied von Preußen, Bayern und Sachsen sollte verschwinden in dem einen Begriffe der Deutfchheit; und da nun unter allen deutschen Einzelstaaten keiner ein so handfestes Leben befaß wie der preußische, so gerieten diese jungen Träumer, die doch beständig von der Herrlichkeit des Befreiungskrieges redeten, unmerklich auf denselben Abweg wie die Nemesis und die Isis!): sie begannen den Staat, der jenen Krieg fast allein geführt hatte, mit Anklagen zu überhäufen. Unter den Begründern der Burschenschaft befand sich ein einziger Preuße: der Berliner Maßmann, ein ehrlicher, sehr mäßig begabter junger Schwärmer, der unklarste Kopf von allen den Berserkern aus Jahns engerem Kreise. Die anderen waren sämtlich Thüringer, Mecklenburger, Kurländer, Hessen, bayrische Franken, und ihnen allerdings fiel es nicht fchwer, ihren heimatlichen Staat in einer allgemeinen Deutfchheit einfach untergehen zu lassen. Auf den preußischen 1) Zeitschriften der Jenenser Professoren Luden und Oken.

6. Geschichtliches Lesebuch - S. 38

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
38 Iii. v. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest. beständige Krieg gegen die akademischen Gesetze, worin die Landsmannschaften ihren Ruhm gesucht hatten, jetzt Plötzlich aufhörte; und wie viel edler ward der ganze Ton des akademischen Lebens, seit die Gesänge Arndts und Schenkendorfs auf den Kommersen erklangen und eine ganze Schar junger Poeten, der Holsteiner Binzer voran, immer neue kräftige Burschenlieder aufbrachte. Fast alle die ernsten Lieder, welche der deutsche Student heute zu singen pflegt, sind erst damals aufgekommen; auch das Weihelied der Studenten, der Landesvater, erhielt erst jetzt durch eine glückliche Umarbeitung seinen schönen vaterländischen Sinn. Die christliche Frömmigkeit, die sich allerdings oft prahlerisch zur Schau stellte, war bei beit meisten echt und innig; mancher der jungen Träumer erschien wie verklärt durch die fromme Freude über alle die Wunder, welche Gott an diesem Volke gethan........... Bereits im Sommer 1814 hatte sich in Jena eine Wehrschaft gebildet, die ihre Leute durch ritterliche Übungen für den vaterländischen Waffendienst vorbereitete. Im folgenden Frühjahr traten dann die Mitglieder von zwei Landsmannschaften, die des schalen alten Treibens müde waren, mit einigen Wildert zusammen, und am 12. Juni 1815 ward die neue Burschenschaft, nach altem Jenenser Branch, durch einen feierlichen Aufzug über den Marktplatz eröffnet. An der -Spitze standen zwei Theologen aus Mecklenburg, Horn und Riemauu, und ein begeisterter Schüler von Fries, Scheidler ans Gotha, durchweg stattliche, brave junge Männer, die sich im Kriege tapfer geschlagen hatten. Der erste Sprecher, Karl Horn, der späterhin als Lehrer Fritz Reuters weitereu Kreisen bekannt wurde, blieb bis ins hohe Alter dem Enthusiasmus seiner Jugend treu und starb in dem frommen Glaubeu, daß er mit der Stiftung der Burschenschaft „ein Werk des Herrn" gethan habe. Die neue Verbindung brach sofort mit allen Unsitten des Pennalismus und wurde nach rein demokratischen Grundsätzen durch einen freigewählten Ausschuß und Vorstand regiert; ihr Ehrengericht brachte die Duelle auf eine bescheidene Zahl herab und wachte streng über ehrenhafte Sitte. Schon ein Jahr nach der Stiftung hatten sich alle anderen Verbindungen in Jena aufgelöst, und die Burschenschaft erschien nunmehr wirklich, wie sie es wollte, als ein Bund der gesamten christlichdeutschen Studentenschaft. In diesen ersten Tagen herrschte noch durchaus der gute Ton einer warmen vaterländischen Begeisterung. Welch ein Abstand gegen die Roheit früherer Tage, wenn die

7. Geschichtliches Lesebuch - S. 40

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
40 Iii. v. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest. wollten das Ansehen der Burschenvorsteher überhaupt nicht gelten lassen, da die berühmten akademischen Häuptlinge nur selten geistreiche Menschen sind. Wider solche Gegner half nur diktatorische Härte; die Einseitigkeit, deren jede neue Richtung, zumal unter jungen Männern, bedarf, steigerte sich in der Burschenschaft bald bis zum Terrorismus. In Jena gelang es, alle abweichenden Meinungen vorläufig zum Schweigen zu bringen, und nun schwoll das Selbstgefühl der Burschen unleidlich an. Gewichtig schritten an jedem Nachmittag die Herren des Vorstandes und des Ausschusses auf dem Marktplatze auf und nieder, das Wohl des Vaterlandes und der Hochschulen in gemessenem Gespräche erwägend; sie fühlten sich als Herrscher in diesem kleinen akademischen Reiche, zumal da die meisten Professoren den jungen Herren eine ganz unbillige, aus Angst und Wohlwollen gemischte Ehrerbietung erwiesen; sie sahen im Geiste schon die Zeit, wo ganz Deutschland von den Jüngern der Burschenschaft regiert würde. Die patriotischen Zorn- und Prachtreden erklangen immer kräftiger und schloffen schon zuweilen mit dem Trumpfe: „unser Urteil hat das Gewicht der Geschichte selbst, es ist vernichtend". Wie viele alte Burschenschafter sind bis zur Grube in dem glücklichen Wahne geblieben, daß die Burschenschaft eigentlich das neue deutsche Reich gegründet habe; Arnold Rüge schilderte noch ein halbes Jahrhundert später den langen Einheits- und Freiheitskampf der neuen deutschen Geschichte wie eine einzige große Pro -patria = Panferei zwischen Burschenschaften und Corps. Und sicherlich hat mancher redliche junge Mann die erste Ahnung von der Herrlichkeit des Vaterlandes auf der Burschenkneipe gewonnen; aber der politische Idealismus jener Tage war zu gestaltlos, um eine bestimmte Gesinnung hervorzurufen. Der ersten Generation der Burschenschaft gehörten neben einzelnen liberalen Parteiführern, wie H. v. Gagern, auch viele Männer an, welche späterhin eine streng-konservative Richtung einschlugen, so Leo, Stahl, W. Menzel, Jarke, Hengstenberg. Die wortreiche Schwärmerei, die unklare Sehnsucht und die beständige Verwechslung von Schein und Wirklichkeit waren der Entwicklung des politischen Talents nicht günstig. Im großen Durchschnitt sind aus der Burschenschaft mehr Gelehrte und Schriftsteller hervorgegangen, aus den Reihen ihrer späteren Gegner, der Corps, mehr Staatsmänner. Vorderhand war die Burschenschaft in Jena obenauf. Ihr Ruhm ward auf allen Universitäten verkündet und lockte neue Geuoffeu her-

8. Geschichtliches Lesebuch - S. 42

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
42 Iii. v. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest. und gleich sind; Urfeinde unseres deutschen Volkstums waren von jeher Drei: die Römer, Möncherei und Soldaterei." Dadurch ward freilich der gesamtdeutsche Charakter des Festes von vornherein getrübt. Die katholischen Universitäten des Oberlandes, die ohnehin mit den norddeutschen noch keinen regelmäßigen studentischen Verkehr unterhielten, konnten keine Einladung erhalten; die Freiburger Burschen mußten für sich allein am 18. Oktober auf dem Wartenberge bei Donaueschingen ihr Siegesfeuer anzünden. Von den österreichischen Hochschulen war nicht die Rede, da sie dem deutschen Studentenbrauche ganz fern standen, auch, mit Ausnahme der Siebenbürger Sachsen und weniger Ungarn, noch fast kein Österreicher in Deutschland studierte. Aber auch auf den preußischen Universitäten hatte die Burschenschaft noch so wenig Anhang, daß allein Berlin der Einladung Folge leistete. So war denn bei der Feier der Völkerschlacht gerade die Studentenschaft der beiden Staaten, welche allein schon bei Leipzig für die Sache der Freiheit gefochten, fast gar nicht vertreten; und alle die wundersamen Märchen, womit die Liberalen der rheirtl)(indischen Länder die Geschichte des Befreiungskrieges auszuschmücken liebten, fanden freien Paß. Schon lange zuvor hatte die Presse mit mächtigen Trompetenstößen den großen Tag angekündigt. Eine freie Zusammenkunft von Deutschen aller Länder allein um des Vaterlandes willen war diesem Geschlechte eine so erstaunliche Erscheinung, daß sie ihm fast wichtiger vorkam als die weltbewegenden Ereignisse der letzten Jahre. Im Lause des 17 Oktobers langten an fünfhundert Burschen in Eisenach an, etwa die Hälfte aus Jena, dreißig aus Berlin, die übrigen ans Gießen, Marburg, Erlaugen, Heidelberg und anderen Universitäten der Kleinstaaten; die rüstigen Kieler hatten nach Turnerbrauch den weiten Weg zu Fuß zurückgelegt. Auch vier der Jenenser Professoren fanden sich ein: Fries, Oken, Schweitzer und Kieser. Jede neu eintreffende Schar ward schon am Thore mit stürmischer Freude begrüßt und dann in den Rautenkranz geleitet, um dort vor den gestrengen Herren des Ausschusses auf dreitägigen Burgfrieden Urfehde zu schwören. Anderen Tags in der Frühe stieg „der heilige Zug" bei hellem Herbstwetter durch den Wald hinauf zu der Burg des Reformators: voran der Burgvogt Scheidler mit dem Burschenschwerte, darauf vier Burgmänner, dann, von vier Fahnenwächtern umgeben, Graf Keller mit der neuen Burschenfahne, welche die Jenenser Mädchen ihren sittenstrengen jungen Freunden kürzlich gestickt hatten, dann endlich die

9. Geschichtliches Lesebuch - S. 45

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
Iii. ü. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest. 45 Pere-Pereat auf „die schuft'geu Schmalzgesellen" gingen die Vehm-richter auseinander. Es war eine unbeschreiblich abgeschmackte Posse, an sich nicht ärger als viele ähnliche Ausbrüche akademischer Roheit, bedenklich nur durch den maßlosen Hochmut und die jakobinische Unduldsamkeit, die sich in den Schimpfreden der jungen Leute ankündigten. Darum sprach sich Stein in den schärfsten Worten über „die Fratze auf der Wartburg" aus, und der immer schwarzsichtige Niebuhr schrieb besorgt: „Freiheit ist ganz unmöglich, wenn die Jugend ohne Ehrerbietung und Bescheidenheit ist." Seine Wahrhaftigkeit fühlte sich angeekelt von dieser „religiösen Komödie": dort der kühne Reformator, der sich gegen die höchste und heiligste Gewalt der Zeit empörte, und hier das ungefährliche Feuergericht großsprecherischer junger Burschen über eine Reihe von Schriften, woraus sie kaum eine Zeile kannten — welch ein lächerlicher Kontrast! Auf der Burschenversammlung am nächsten Tage sprachen die Studenten wieder ruhiger, verständiger mindestens als ihr Lehrer Fries, der ihnen eine unglaublich geschmacklose, von mystischer Bibelweisheit und sachsen-weimarischem Freiheitsdünkel strotzende Rede schriftlich zurückgelassen hatte: „Kehret wieder zu den Enrigen und saget: Ihr wäret im Lande deutscher Volksfreiheit, deutscher Gedankenfreiheit... Hier lasten keine stehenden Truppen! Ein kleines Land zeigt Euch die Ziele! Aber alle deutschen Fürsten haben dasselbe Wort gegeben u. s. w." Wahrlich, Stein wußte wohl, warum er die Jenenser Professoren als faselnde Metapolitiker verdammte, und Goethe nicht minder, warum er seinen Fluch aussprach über alles deutsche politische Gerede; denn was ließ sich von der Jugend erwarten, wenn ihr gefeierter Lehrer die vierundzwanzig weimarischen Husaren dem übrigen Deutschland als ruhmreiches Vorbild darstellte! Dieselbe widerliche Vermischung von Religion und Politik, die schon aus Fries' Rede sprach, offenbarte sich dann noch einmal am Nachmittage, als einige der Burschen auf den Einfall kamen, noch das Abendmahl zu nehmen. Der Superintendent Nebe gab sich in der That dazu her, den aufgeregten und zum Teil angetrunkenen jungen Männern das Sakrament zu spenden — ein charakteristisches Probstück jener jämmerlichen Schlaffheit, welche die weltlichen wie die geistlichen Behörden der Kleinstaaterei in unruhigen Tagen immer ausgezeichnet hat. Trotz allen Thorheiten einzelner war die Feier im ganzen harmlos, glücklich, unschuldig. Als man am Abend unter strömenden

10. Geschichtliches Lesebuch - S. 43

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
Iii. v. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest. 43 Burschen Paar an Paar, viele schöne germanische Reckengestalten darunter, mancher im Vollbart, was bei ängstlichen Gemütern schon als ein Zeichen hochverräterischer Gesinnung galt. Allen lachte die Freude aus den Angen, jene glückliche Selbstvergessenheit der Jugend, die noch ganz im Genusse des Augenblicks aufzugehen vermag; ihnen war, als ob thuen heute zum ersten Male die Herrlichkeit ihres Vaterlandes leibhaftig entgegenträte. Droben im Rittersaale der Wartburg, den der Großherzog gastfreundlich geöffnet hatte, wurde zuerst unter Pauken- und Trommelschall „Eine feste Burg ist unser Gott" gesungen. Darauf hielt der Lützower Riemann aus der Fülle feines ehrlichen Herzens heraus eine Festrede, die in hochpathetischen überschwänglichen Sätzen von den Thaten Luthers und Blüchers sprach und dann bei den Geistern der erschlagenen Helden die Burscheu mahnte zum „Streben nach jeglicher menschlichen und vaterländischen Tugend". Einige der landläufigen Schlagwörter von den vereitelten Hoffnungen des deutschen Volks und dem einen Fürsten, der sein Wort gelöst, liefen zwar mit unter; das Ganze war ein jugendlich unklarer, durchaus harmloser Gefühlserguß, ebenso vieldeutig und unbestimmt, wie die neue Losung Volunto! welche die Burschen gern im Munde führten. Auch was nachher noch von Professoren und Studenten geredet ward, ging nicht über dies Maß hinaus, selbst Oken sprach mit ungewohnter Selbstbeherrschung und warnte die jungen Leute vor einer verfrühten politischen Thätigkeit. Nach dem Mittagsmahle gingen die Burschen zur Stadt hinab in die Kirche, wo auch der Eisenacher Landsturm dem Gottesdienste beiwohnte; dann gaben noch die Kämpen des Berliner und des Jenenser Turnplatzes den staunenden Landstürmern ihre Künste zum besten. Als die Dämmerung hereinbrach, zog man mit Fackeln wieder hinaus uach dem Wartenberge, der Wartbnrg gegenüber, wo mehrere große Siegesfeuer brannten, die mit patriotischen Reden und Liedern begrüßt wurden. Bis dahin war das Fest in glücklicher Eintracht verlaufen; hier aber ward zum ersten Male offenkundig, daß sich bereits eine kleine extreme Partei innerhalb der Burschenschaft gebildet hatte: jene fanatischen Urtentonen aus Jahns Schule, die man die Altdeutschen nannte. Diese köstliche Gelegenheit für eine fratzenhafte Eulenspiegelei konnte sich der Turumeister doch nicht entgehen lassen. Er regte zuerst den Gedanken an, dies Lutherfest durch eine Nachäffung der kühnsten That des Reformators zu krönen und, wie einst
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